Die Arbeiten von Antje Hanebeck beruhen auf einer Auseinandersetzung mit der Fotografie als Medium der künstlerischen Gestaltung und vor allem als Ausdrucksmittel einer spezifisch zeitgenössischen Ästhetik. Die Aufmerksamkeit der Künstlerin fokussiert in der Reflexion einer/unserer Moderne, ihrer Signifikanten, ihrer Mythen, ihrer trügerischen Scheinwelten. Die Fotografie dient als Ausgangspunkt – auch deswegen, weil ihr Bezug zur Realität ein unmittelbarer, ein dokumentarischer, ist –, um aber dann diese Schwelle zu überschreiten, die gesammelten Eindrücke zu verwandeln und zu verfremden im Sinne einer metaphorischen Inszenierung. In der Auswahl von Ausschnitt und Verarbeitung der Motive gelingt der Fotografin auf subtile Weise eine andere Lesart der Inhalte: Fotografien von hoher grafischer Wirkung, die unsere Wahrnehmung der Gegenwart in Frage stellen und als manipulierbar enthüllen. In ihren ’Visionen’ mutieren alle diese Ikonen zu abstrahiert-zeichenhaften Kompositionen, zu traumhaften, entrückt wirkenden Bildern, die uns wie durch ein Zeitfenster auf die Gegenwart als Vergangenheit blicken lassen, die uns Ferne und Nähe zugleich suggerieren. Hanebeck beherrscht meisterhaft alle zur Verfügung stehenden Finessen ihres Genres und setzt sie mit höchster Sensibilität ein, vor dem Hintergrund einer profunden Kenntnis ihrer historischen Entwicklung: wie etwa Unschärfen, malerische Manipulationen, den kalkulierten Einsatz von “schrägen” Perspektiven, Gitterwerk und Schattenspiel. Die konkrete Dingwelt ist ihr Partner, die gleichwohl verklärt und in surreal-fantastische Imaginationen überführt wird. Antje Hanebeck reagiert auf jene Phänomene, welche die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts durchweg beschäftigt haben und formuliert eine poetische Idee von dem, was gewesen sein mag, was ist, und was vielleicht sein wird.
Dr. Ellen Maurer Zilioli